Fundamente der Moderne
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Die Ambivalenz des Wissens: Europäische Bibliothekskataloge begegnen der frühneuzeitlichen Welt (1550-1650)

Das Projekt fragt nach der Rolle von Bibliothekskatalogen im Prozess der Wissenssystematisierung in Europa zwischen 1550 und 1650. Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass die Produktion, Klassifizierung und der Zugang zu Wissen in der frühmodernen Epoche von drei Faktoren geprägt war: Vom Aufstieg konfessionell geprägter Staaten und Imperien, die zum Zwecke territorialer Kontrolle an Wissen interessiert waren; von der Verbreitung des Buchdrucks, die mit einer wiederauflebenden Leidenschaft der Gelehrten für die methodische Ordnung von Wissen verbunden war; und von neuen Informationen, die infolge geografischer Neuentdeckungen, der Globalisierung von Handelsrouten und der Missionierung neuer Territorien nach Europa gelangten. In diesem Spannungsfeld zwischen Lokalisierung und Globalisierung von Wissen untersucht das Projekt die Entstehung europäischer Bibliothekskataloge.

Kern der Studie sind die europäischen katholischen und protestantischen Fürstenhöfe und deren Buchsammlungen. Berücksichtigung finden auch außereuropäische Wissenssysteme. Eines der zentralen Beispiele ist die herzogliche Bibliothek in München, die über mehr als 60 Kataloge verfügt, welche zwischen 1571 und 1652 entstanden sind. Die Klassifikationssysteme dieser Kataloge waren einerseits von der Sorgfalt der Bibliothekare abhängig, andererseits von der territorialen und konfessionellen Agenda der bayerischen Herzöge. Diese Abhängigkeit der Wissensorganisation war charakteristisch für vormoderne Bibliotheken und hatte langfristig Einfluss auf das europäische Wissensmanagement.